Das Methumis-Problem

Lange habe ich hier nichts mehr geschrieben, was vor allem der wirklich sehr, sehr knappen Freizeit während meines Referendariats geschuldet war. Nun mit neuer Stelle wird es wohl nicht mehr Zeit werden, aber zumindest etwas planbarer.

Wenn es dennoch zunächst nur selten neue Updates gibt, ist dies vor allem der Tatsache geschuldet, dass ich wann immer es auch geht an meinen DSA-Texten arbeite, um endlich einige sehnlichst erwartete Publikationen fertigzustellen – wogegen die werte Leserschaft ja vermutlich sicher nichts haben kann.

Dieser Beitrag ist daher auch nur ein „Abfallprodukt“ der normalen Abstimmungsarbeit im DSA-Autorenteam: Ich habe einem Autoren-Kollegen im Zuge der Arbeiten an der Kriegerakademien-Spielhilfe bei den Recherchen zur Akademie/Rondraschule Methumis geholfen, da ich mich für die Beschreibung der Akademie des Magischen Wissens bereits einmal durch den kompletten Publikationswust hindurchgefressen hatte. In launiger Stimmung ist dabei ein kleiner Rundgang durch die verworrene Publikationsgeschichte zur Universität Methumis entstanden, den ich euch nicht vorenthalten will.

Er soll exemplarisch verdeutlichen, wie kompliziert und widersprüchlich die Quellenlage auch zu relativ unbedeutenden Themen im DSA-Kosmos sein kann und soll – dass soll hier nicht verschwiegen werden – auch das Verständnis für die Probleme beim Schreiben für DSA fördern:

Die wechselhafte Geschichte der Rondra- und der Herzogenschule

Ein kurzer DSA-irdisch-historischer Exkurs zur Publikationsgeschichte der Universität Methumis mit dem Schwerpunkt auf Herzogen- und Rondraschule:

Im Boten 46 (die erste ausführliche Methumisbeschreibung nach der äußerst knappen in „Das Königreich am Yaquir“) ist die Herzogenschule (alter Plan: 14) der Ort, an dem die Studenten der Uni ihr Trivium) machen. Danach belegen sie an bis zu vier der Schulen weitere Fächer, ihr Quadrivium (in einer sehr lose gefassten Anlehnung an den irdischen Begriff muss Arithmetik, Geometrie, Musiklehre oder Astronomie unter den vier sein). Die Horasschule (aP: 16) hingegen ist die Schule für Staatskunst, etc –> Die Kaderschmiede.

Die Herzogenburgs-Academia und die Rondraschule sind im selben Gebäude (aP: 17), wobei letztere eine Fährichs-Schule, erstere die eigentliche Kriegerakademie ist.

 

Verlassen wir die frühen Neunziger und springen zu „Das Reich des Horas“, dem blauen Heft aus „Fürsten, Händler, Intriganten„: Gebäude 14 ist nun das Hauptgebäude der Universität, dient jedoch noch dem gleichen Zweck, hier wird das Trivium vermittelt (wobei dieser Name sowie die Studienstruktur Trivium-Quadrivium hier nicht erwähnt wird). Nr. 17: weiterhin Kriegerakademie (mit (neuem!) Namen: Herzogliche Kriegerakademie) und Offiziersschule (=Rondraschule) im selben Gebäude. Nr 16 ist nun ein Horaspalast(!) mit neuen Aufgaben: Quartier für den Orden vom Heiligen Blut und den vom Goldenen Adler, nebenbei Schule für Staatskunst, allerdings wohl eher Kronbeamte. Wir schweigen mal darüber, dass der Gebäudekomplex mit der bisherigen Praiostempel/-schule (Jura, Nr. 15) zur neuen Residenz des Herzogs wurde, jedoch weiterhin die juristische Fakultät beheimatet.

 

Verwundert nehmen wir zur Kenntnis, das im Abenteuer Artistenschuh und Rote Bälle, der Horaspalast wieder der Horasschule gewichen ist, aber weiterhin unbeirrt Staatskunst lehrt. Unterdessen ignorieren wir die übrigen Diskrepanzen, die hinsichtlich des Stadtplans zwischen den genannten Publikationen und dem Abenteuer Unter dem Adlerbanner bestehen.

 

Kurzer Zwischenstopp bei Stäbe, Ringe, Dschinnenlampen. Warum bei einem Artefaktregelwerk? Hier (aber wohlgemerkt nur in der ersten Auflage!) findet sich die erste DSA 4.0 Beschreibung des Alchimisten aus Methumis, die nun das Studium in Methumis mit Trivium und Quadrivium quasi unverändert vom Boten 46 in die aktuelle Version transferiert. Diesen Text finden wir in der aktuellen Regelversion…oh Mist… gar nicht mehr. Er ist somit gewissermaßen apokryph.

 

Sprung in die Jetztzeit also zur aktuellen Regionalspielhilfe Reich des Horas: Es hat sich einiges geändert, unter anderem haben wir eine neue Karte mit anderen Nummer. Aber der Reihe nach: bei Nr. 2 (ehemals Nr. 16) steht nach wie vor und unverrückbar die Horasschule, aber – oh Wunder – sie hat eine neue Aufgabe: Hier belegen die Studenten das Trivium (der Text legt keine Neuzuweisung der Aufgaben nahe, also ein klassischer Retcon). Wir lassen uns nur flüchtig von Gebäude 3 (ehemals 15) ablenken, das wie ganz früher, die Praiosschule beherbergt: Psst, es gab nie eine Neue Residenz

Weiter im Text: die alte Nr. 14 ist die neue 33, heißt wieder wie ganz früher Herzogenschule und ist jetzt – der Tausch wurde konsequent durchgeführt – die neue Kaderschmiede, in der angehende Fürsten und andere gekrönte Prinzlein Staatskunst, aber auch Etikette, Strategie, Leibesertüchtigung und Fechten lernen. Wir finden hier auch eine andere Info aus dem Boten-Artikel wieder: Hier lernen die Promis; in beiden Texte ist hier die Kemi-Königin Ela zur Schule gegangen.

Aber nun zum interessanten Gebäude: Nr. 29 (die ehemalige 17) beherbergt wie eh und jeh die Rondraschule. Diese ist allerdings keine Offiziersschule mehr (Fähnriche sind ja jetzt out), sondern eine waschechte Kriegerakademie (der hochtrabende Name: Fakultät für Kriegs- und Wehrkunst bleibt allerdings). Die im selben Gebäude befindliche Kriegerakademie mit dem Namen Herzogenburgs-Academia wird totgeschwiegen, ihr Attribut der Händel mit den Rondraschülern allerdings auf die Herzogenschule (wir erinnern uns: die Kaderschmiede) übertragen.

 

Puh, jetzt erstmal durchatmen.

Ich habe euch jetzt mal mit auf den wilden Ritt durch die irdische Geschichte von Methumis genommen, wie ich sie recherchiert habe als ich die Magierakademie beschrieben habe. Ich denke ihr kennt jetzt den Fluch derer, die über Methumis schreiben: Selbst mit gutem Willen, man kann es nur noch komplizierter machen.

Hier nochmal das für dich Wichtigste zusammengefasst:

Das Hauptproblem:

aus 4 (Bote, FHI) mach 3 (RdH) mit Bäumchen-Wechsel-dich

Als Übersicht:

Bote 46:

Herzogenschule (=Trivium-Schule, Nr. 14)

Horasschule (=Kaderschmiede, Nr. 16)

Rondra-Schule (=Offiziersschule, Nr. 17)

Herzogenburgs-Academia (=Kriegerakademie, ebenfalls Nr. 17)

Konkurrenz zwischen letzteren

FHI/Artistenschuh:

Uni-Haupgtgebäude (=Trivium-Schule, Nr. 14)

Horaspalast/-schule (=Kaderschmiede, Nr. 16)

Rondra-Schule (=Offiziersschule, Nr. 17)

Herzogliche Kriegerakademie (=Kriegerakademie, ebenfalls Nr. 17)

Reich des Horas:

Horasschule (=Triviumschule, Nr 2, ehemals 16)

Herzogenschule (=Kaderschmiede, Nr. 33, ehemlas 14)

Rondra-Schule (=Kriegerakademie, Nr. 29, ehemals 17)

Offiziersschule fehlt!

Kurz, wir haben folgendes Problem: Frank Bartels (er hat zwar den Text nicht geschrieben, aber die entsprechenden Änderungen veranlasst) hat die Herzogenschule mit der alten Kriegerakademie verschmolzen, aus der Offiziersschule eine neue Kriegerakademie gemacht, die nun das Gebäude für sich hat, und den Zwist der beiden Kämpferschulen zu einem Konflikt zwischen Adelszöglingen und Kriegerkadetten gemacht.

Schlussbemerkungen

Die Lösungen, die wir für die Problematik gefunden haben, könnt ihr dann demnächst im Kriegerakademien-Band lesen.

Und noch etwas sei hier angedeutet: Die Ergebnisse unserer mühsamen Recherchen zur Uni Methumis sind viel zu schade, um sie nur in den Akademie-Bänden Niederschlag finden zu lassen …

Über zeilenschmied

RPG writer, comic enthusiast, universal nerd, musician, musicologist, bonvivant, teacher, father

Veröffentlicht am August 17, 2012 in DSA und mit getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 8 Kommentare.

  1. „Diesen Text finden wir in der aktuellen Regelversion…oh Mist… gar nicht mehr. Er ist somit gewissermaßen apokryph.“

    Der gesuchte Text findet sich in Wege der Zauberei S.307 im Kapitel „Die Tradition der Alchimisten“. ;)

  2. Andras Marwolaeth

    Ich denke, das Problem kennen alle Autoren, die mal angefangen haben, irgendwas zu recherchieren. Bei Recherchen bin ich schon über die Verwandschaftsverhältnisse von Argiope und Alara Paligan gestolpert, musste unterschiedliche Haarfarben von Sybia von Zorgan zur Kenntnis nehmen und feststellen, dass manche Informationen sich in Quellen befinden, die nach erstem Augenschein überhaupt nichts mit dem Thema zu tun haben.

  3. Freiherr vom Stein

    „und deutet eine neue Publikation zu Kriegern an“ Hihi, die Jungs von den News mal wieder.
    Jedenfalls danke für den Beitrag!

  4. Da taucht man doch gerne ins Quellenchaos – und nun das Ganze bitte chronologisch :) Das gleiche Problem entsteht bei zeitlichen Ereignissen, je weiter in der Vergangenheit um so chaotischer die Quellenlage … noch mal Methumis: da die Altstadt ja langsam wideraufgebaut wurde kann es ja zwischendurch zu Fremdnutzungen gekommen sein :)

  5. Und wenn man sich dann auch noch mit den komplexeren Bereichen der Regeln beschäftigen darf (Schamane beschwört Dschinn etc.), dann fällt das echt unter Hochschulstudium.

  6. Ich finde, es sollte mal eine Spielhilfe für (angehende) Meister geben, die Lösungen anbietet, mit solcherlei Problematik umzugehen. Denn das ist einer der Gründe, warum mancher sich nicht traut in die Rolle des Meisters zu schlüpfen. In meiner Gruppe hat sich bewährt, solcherlei (vermeintliche) Fehlinformationen schlicht als Propaganda abzutun.